So kann Inklusion gelingen – aber es bleibt noch viel zu tun

Am Sonntag erlebten und genossen rund 40 Teilnehmende, wie sich Inklusion verwirklichen lässt und wie gut sich das dann anfühlt.  Das Programm, zu dem die Aktionsgemeinschaft GIEB zusammen mit der „Erweiterten unabhängigen Teilhabeberatung“ (EUTB) und dem Central-Kino anlässlich des „Europäischen Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung“ eingeladen hatte, kam bestens an und sorgte für viele lehrreiche Erkenntnisse.

„Rottweil hat viel vor für Inklusion“ war das Programm überschrieben. Es begann mit einer Sozialraumerkundung im Rollstuhl, mit dem Blinden-Führstock oder mit simulierter Taubheit. Wegen des anfangs regnerischen Wetters wurde zunächst das Innere des Kinos erkundet, bevor später doch noch Spaziergänge als Mensch mit Behinderung im Freien möglich waren.

Damit Rollstuhlfahrende an der Veranstaltung teilnehmen konnten, musste eine Rampe vor dem Kino aufgebaut werden. Sie entsprach der maximal zulässigen Steigung, die jedoch von Selbstfahrenden alleine nicht bewältigbar ist, sondern eine schiebende Assistenz erfordert. Die Rampe ragte weit in den Fußgängerweg hinein und wäre baurechtlich so nicht zulässig. Den an der Rollstuhlrallye teilnehmenden Gemeinderäten verdeutlichte diese Erfahrung, dass bezüglich der Barrierefreiheit der Stadt Rottweil mehr Engagement und auch kreativer Umgang mit Bauvorschriften angezeigt ist.

Nach einer Stärkung mit Kaffee, Kaltgetränken, Gebäck und natürlich Popcorn, für die das fleißige Kino-Team sorgte, folgte eine Premiere. Die geburtsblinde Sabine Ludi aus Sulz stellte auf der Vorbühne des Kinos ihr Buch „Mein Leben als Blindfisch“ vor und las daraus. Dem sehr interessierten Publikum bot sich die Gelegenheit, mehr darüber zu erfahren, wie blinde Menschen ihr Leben organisieren, damit es so reich und lebenswert ist, wie das von Sabine Ludi. Auch kritische Töne schlug die Autorin an, und vor allem gab sie wertvolle Tipps, wie Sehende und Blinde ihr Zusammenleben im Alltag respektvoller gestalten können. Am häufigsten aber löste sie erleichternde Heiterkeit und Gelächter aus, denn ihre Lebensaufzeichnungen sind ausgesprochen humorvoll geschrieben.

Danach war die Bühne frei für eine Gesprächsrunde von Jugendlichen mit Bewerbern und Bewerberinnen zur Gemeinderatswahl im Juni. Den kritischen Fragen der jungen Leute, die sich um Barrierefreiheit und Teilhabe für Menschen mit Behinderung aber auch allgemein um die Situation der Jugend in Rottweil drehten, stellten sich Hubert Nowack (Bündnis 90 / Die Grünen), Anne Hecht (SPD), Ralf Banholzer (CDU) und Felicitas Bott (Forum für Rottweil). An der lebhaften Diskussion beteiligte sich auch das Publikum rege.

Den Programmabschluss bildete der dokumentarische Kinofilm „Lass mich fliegen“, der die Träume, Sehnsüchte und konkrete Lebensentwürfe von vier jungen Menschen mit Downsyndrom erzählte.

Gefördert wurde das abwechslungsreiche und Anspruchsvolle Programm durch die Aktion Mensch und durch die Projektfachstelle Inklusion in der Jugendarbeit, die bei der „Landesarbeitsgemeinschaft der offenen Jugendbildung“ (LAGO) angesiedelt ist. Letztere drehte einen Dokumentarfilm mit vielen Interviews über den Protesttag, der nach Fertigstellung den Teilnehmenden und weiteren Interessierten vorgeführt werden wird.

Die Teilnehmer waren voll des Lobes für den zusammen verbrachten Tag, die vielen zwanglosen Begegnungen und die nützlichen Erfahrungen, die sie machen durften.